Ende April/Anfang Mai waren wir* privat in Sambia und konnten uns bei der Gelegenheiten einige Eindrücke aus erster Hand verschaffen. Die Erkenntnisse möchten wir hier gern teilen:
*zwei der Initiatoren des Schulfee-Projektes
Diese Reise war uns, in gewisser Hinsicht, ein Lehrmeister in Sachen Geduld. Bei dürftiger Informationslage mit den Worten sit around and relax a little bit abgespeist, gereichen stundenlange Wartezeiten entweder zur inneren Einkehr (um das Wort wegdösen nicht zu verwenden) oder zur Analyse der Landessituation.
Nicht nur an der Haltestelle, auch während der Fahrt kann man unvermittelt sehr lange warten.
Der augenfällige Unterschied zur letzten Reise und den Sommerschulen besteht in der Jahreszeit und einer überraschenden Fülle an Vegetation – wobei die Regenzeit gleich einem Vorboten des Klimawandels bei unserer Ankunft noch nicht vorüber war. Der übermäßige Regen sorgte dann auf seine Weise für Ernteprobleme, wobei der Ertrag in 2017 erfreulich über den dürren Vorjahren liegen dürfte.
Zambia, the real Africa in the sun?
Wachstum in anderer Hinsicht lässt sich sehr gut in der Hauptstadt Lusaka begutachten. Das Stadtgebiet hat sich in den letzten Jahren enorm vergrößert, ganze (gehobene) Wohnsiedlungen haben sich am Rand gebildet. Ebenso hat die Dichte an Shopping Malls zugenommen, die sich allerdings ebenfalls an betuchte Zielgruppen richten. Der Zahlungsverkehr lässt sich sehr gut mit Kreditkarte abwickeln und zur Not ist ein Geldautomat nicht allzu weit. Der Kwacha hat gegenüber dem Euro einiges an Wert verloren und ist statt 1:7 (2013) für nun 1:10 zu haben. Gleichzeitig bleiben die Preise für Kraftstoffe auf europäischem Niveau und die Strompreise ziehen rapide an (+75% allein in 2017).
Positiv ist dahingegen, dass in den von uns besuchten Attraktionen (Museum und Victoria Falls) der Eintrittspreis für Einheimische drastisch reduziert ist (zugegeben, die Falls waren in der Vergangenheit für Sambier kostenfrei).
Zusätzliche Belastung entsteht der Bevölkerung durch eine Maut, die auf Fernstraßen erhoben wird und laut Anzeige dem Straßenunterhalt dient. Der Zustand der Straßen ist gegenüber 2013 unverändert (schlecht), doch immerhin sind die Großbaustellen und die damit verbundenen kilometerlangen Umwege über Sandpisten, die damals zwischen Turnpike und Monze sowie Turnpike und Chirundu in Kauf genommen werden mussten, mittlerweile passé.
Der Markt in Monze, einst überbordend mit bunten Chitenge-Tüchern, ist mittlweile hauptsächlich auf Plastikutensilien, Fahrradbedarf, Elektronikartikel und Kleider (Kleidersammlung, billige Synthetik) spezialisiert. Für einen Chitenge muss man schon richtig suchen. Ob es sich dabei um ein Resultat des durch Kleiderspenden verdorbenen heimischen Textilmarktes oder schlicht – wie ein Standbetreuer mutmaßt – um einen Wandel in der Mode handelt, können wir nicht abschließend beurteilen.
Der Markt in Monze
Die politische Situation scheint nach der Verhaftung des Präsidentschaftskandidaten der Opposition und einem gesetzlichen Verbot der öffentlichen Äußerung zu dem Thema leider mehr dem Zustand der Weltpolitik zu entsprechen.
Als touristische Attraktion kann neben einer Fahrt auf dem Sambesi uneingeschränkt der Besuch der Viktoriafälle empfohlen werden. Am Ende der Regenzeit sind sie besonders imposant - und ja, auch naß!
Die Victoria Falls am Dreiländereck - in der Regenzeit schon von weitem imposant
Das Schulfee-Projekt befindet sich in einem sehr guten Zustand. Vor der Reise war bereits klar, dass die Quantität (150 geförderte Schüler in 2016) die Erwartungen übertrifft. Nach Treffen und evaluierenden Gesprächen mit den Organisatoren auf sambischer Seite (Development Department) und Betroffenen kommen wir zu dem Fazit, dass der gefundene modus operandi gut funktioniert und beibehalten werden kann.
Da ist es: Eingang zum Büro unserer sambischen Partner
Es zeigt sich aus den vergangenen Jahren, dass auch bei unterjährig zuweilen dürftiger Informationslage regelmäßig ausführliche und zufriedenstellende Berichte aus Sambia eingehen – darunter fallen der mindestens jährliche Kassenbericht und der jährliche Bericht über die Förderung. Mit diesem Material ist es möglich, die Information und Werbung in Deutschland zufriedenstellend aufrecht zu erhalten. Probleme sind perspektivisch erst zu erwarten, wenn die zuständigen Mitarbeiter des Development Department wechseln. Da sich eine Mitarbeiterin aktiv auf Arbeitssuche befindet (allerdings seit längerer Zeit), ist damit mittelfristig zu rechnen.
Die Art und Weise der Förderung, die auf eine Vorauswahl der Schüler über die Schulen und Gemeinden setzt und im Förderfall das Schulgeld direkt an die Schulen bezahlt, ist sinnvoll. Zu diesem Schluss kommen wir in Abstimmung mit dem Development Department, obwohl in den Gesprächen mit Schulen und Gemeinden durchaus Kritik geübt wurde:
Pater Emilio von der katholischen Gemeinde in Chirundu, die u.a. mit Hilfe der Kollekte die Chirundu Primary School (Klassen 1-7) betreibt, sieht diese Art der Förderung erst für die Klassen 8 und aufwärts sinnvoll an, da die Schüler das vorher nicht wertzuschätzen wüssten (to appreciate). Er schlägt vor, für die Klassen 1-7 stattdessen Geld an die Schulen zu zahlen, um auch anderen essentiellen Bedürfnissen, wie etwa dem Kauf der teueren und regelmäßig wechselnden Schulbüchern, zu entsprechen und alle Schüler profitieren zu lassen.
Mrs. Tembo, Schulleiterin der Chirundu Secondary School, hat nichts gegen die Art und Weise der Förderung einzuwenden. Auf die Frage nach Verbesserung führt sie an, dass man die Anschaffung von Lernmaterial und -gerätschaften, z.B. Computern finanzieren könne.
Diesen Vorschlägen stehen wir kritisch gegenüber; eine Pauschale an eine Schule, die zur freien Verfügung steht, ist viel schwieriger nachzuvollziehen und läuft Gefahr, in dunkle Kanäle zu versickern; selbst bei korrekter Verwendung ist der Geist des Projektes nicht, den Betrieb einer Schule zu finanzieren, inkl. der Lehrergehälter (in der Chirundu Primary School werden nur die Hälfte der Lehrer staatlich bezahlt) oder teurer Ausstattung. Die benötigte Summe wäre zudem ungleich größer als die Gebühr für einen einzelnen Schüler und stellt damit neben den sambischen Spendern auch die Akquise in Deutschland vor eine große Hürde.
Wir nehmen aus den Kritiken jedoch mit, dass neben der reinen Gebührenförderung ebenfalls über die Finanzierung weiterer Hilfen nachgedacht werden kann, sofern sie in einem vertretbaren Rahmen bleiben; hierunter zählt etwa die alte Idee von Solarlampen als Lernhilfe für die Dunkelheit (bei ganzjährig 12h Tageslicht durchaus relevant).
In den Ferien dient das Gelände der Chirundu Primary vor allem der Zerstreuung
Als weitere Förderform, auch zur Wahrung einer gewissen Kontinuität, ist seit längerem ein Oberstufenstipendium im Gespräch. Implementierungsversuche scheiterten jedoch bislang an Gesprächen mit der Monze High School (siehe Bericht 2015).
Nichtdestotrotz ist die Kontinuität bereits jetzt berücksichtigt. So kam es zur Förderung der fünf Schüler in der Chirundu Secondary School (Klasse 8) erst dadurch, dass sie bereits eine Förderung in Klasse 7 in der Primary School erhielten und in 2016 die ungleich höheren Gebühren der Secondary School absehbar nicht zahlen konnten.
Dieses Beispiel offenbart zugleich weitere Lerneffekte im Auswahlprozess: eine dieser fünf brach nach einer Hochzeit die Schule ab – dies hätte durchaus im Vorfeld absehbar sein können.
Ansonsten offenbarte der Besuch noch einmal verdeutlichend die vielfältigen Probleme, die eine (schulische) Ausbildung im Umfeld Chirundu bzw. Sambia mit sich bringt. Keine dieser Informationen ist neu, doch werden sie die Hintergrundinformationen auf schulfee-zambia.de mit Geschichten aus erster Hand ergänzen.